Zur aktuellen Studie der Bocconi-Universität und des ifo-Instituts zur Innovationsförderung in Europa erklärt Julian Joswig, Obmann der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Europaausschuss:
„Die EU gibt Milliarden aus – aber nicht für das Neue, sondern für das Bekannte. Wer nur das Mittelmaß finanziert, wird keine Zukunft gestalten.“
Allein im vergangenen Jahrzehnt hat die EU rund 100 Milliarden Euro über das Horizon-Programm in Innovationsförderung gesteckt. Doch die neue Studie zeigt: Nur ein Bruchteil dieser Mittel – rund 7,5 Prozent – fördert tatsächlich innovative Ideen. Der Großteil fließt an große Unternehmen, deren Projekte oft kaum über bekannte Technologien hinausgehen.
„Statt mutiger Ideen entsteht verwaltetes Mittelmaß. Europa läuft Gefahr, in der sogenannten Middle-Technology-Trap zu versinken – und das trotz Milliardenförderung.“
Besonders kritisch sieht Joswig die strukturelle Schlagseite des Programms:
- Förderentscheidungen entstehen in intransparenten Gremien, oft dominiert von nationalen Interessen.
- Kleine Unternehmen und unabhängige Innovator*innen bleiben außen vor.
- Bürokratische Hürden sorgen dafür, dass Fördermittelberatung schneller wächst als Innovation selbst.
„Die EU finanziert ein System, das sich selbst am Leben hält – nicht die Technologien, die wir für Klimaschutz, Wettbewerbsfähigkeit und soziale Teilhabe brauchen.“
Die Ergebnisse der Studie sprechen eine klare Sprache: Horizon-Gelder führen selten zu nachhaltigem Wachstum, echten Produktneuheiten oder marktfähigen Patenten. Stattdessen profitieren vor allem jene Unternehmen, die bereits heute über Ressourcen und Erfahrung im Fördermittelmanagement verfügen – oft Tochterfirmen großer Konzerne mit Dutzenden laufenden Projekten.
„Das muss sich ändern. Die EU darf nicht Unternehmen fördern – sie muss Ideen fördern. Offen, unabhängig, wirksam.“
Joswig fordert daher eine umfassende Reform der EU-Innovationspolitik:
- Offene Ausschreibungen statt intransparenter Vorentscheidungen
- Fokus auf kleine, unabhängige Antragsteller*innen
- Bottom-up statt Top-down: Innovationsförderung muss von den Ideen selbst ausgehen
- Klarere Wirkungsmessung statt symbolischer Mittelverteilung
„Wenn Europa global wieder vorn mitspielen will, braucht es einen Systemwechsel – von der Innovationsförderung für Großkonzerne. Die Mittel sind da. Jetzt braucht es den Mut, sie richtig einzusetzen.“