Während die USA nahezu zollfreien Zugang zum EU-Markt erhalten, belegt Washington unsere Exporte pauschal mit 15 Prozent – das ist kein Kompromiss, das ist ein Kniefall. Für Stahl und Aluminium gelten laut Trump sogar weiterhin die „globalen“ 50-Prozent-Zölle, während von der Leyen von einer Kontingentslösung spricht. Außerdem hat die EU zugesagt, künftig noch mehr klimaschädliches Flüssigerdgas (LNG) und Kernbrennstoff aus den USA zu importieren sowie 600 Milliarden Dollar zusätzlich in den USA zu investieren.
Europa liefert – die USA kassieren. Und mit diesem Deal zahlen vor allem unsere Schlüsselindustrien. Laut ersten Berechnungen des Kiel Institut für Weltwirtschaft kostet die Einigung Deutschland jährlich rund 6,5 Milliarden Euro – ein Rückgang des BIP um 0,15 Prozent. Für die EU liegt das Minus bei 0,1 Prozent. Ohne die Abwendung der 27,5-Prozent-Autozölle wäre der Schaden noch deutlich höher gewesen: 0,62 Prozent Einbruch für Deutschland. Was als Deeskalation verkauft wird, ist eine wirtschaftspolitische Selbstbeschränkung.
Auch politisch ist der Kompromiss fragwürdig. Brüssel spricht von Kontingenten, Washington droht schon mit neuen Strafzöllen, etwa auf Pharmaprodukte. Das zeigt: Verlässlichkeit und Planungssicherheit sehen anders aus. Statt reaktiv zu agieren, braucht die Europäische Union eine strategische Agenda, die Europas Position im globalen Wettbewerb stärkt. Dazu gehören Investitionen in Klimaneutralität und moderne Schlüsseltechnologien, ein leistungsfähiger, gemeinsamer Kapitalmarkt und Partnerschaften mit demokratischen Ländern, die ebenfalls unter dem US-Protektionismus leiden, etwa Kanada und das Vereinigte Königreich. Wir dürfen nicht länger reagieren – wir müssen wieder zum Impulsgeber werden.
Der transatlantische Deal zeigt leider, wie weit Europa von dieser Rolle entfernt ist. Er beweist nicht, dass Europa handlungsfähig ist, sondern, dass es seine wirtschaftliche Souveränität aufs Spiel setzt. Wer die europäische Industrie stärken will, braucht Haltung statt Nachgiebigkeit. Ich erwarte von Ursula von der Leyen und Friedrich Merz, dass sie selbstbewusst und in multilateraler Abstimmung Europas Werte und Interessen vertreten – und nicht vor Trump einknicken.