Vom 9. bis 11. Oktober 2025 nahm ich als Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PVER) an einer Delegationsreise nach Gaziantep im Südosten der Türkei teil. Anlass war die Tagung des Unterausschusses für den Europapreis sowie des Ausschusses für soziale Angelegenheiten, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung – sowie die offizielle Verleihung des Europapreises 2025 an die Stadt Gaziantep.
Gaziantep ist eine pulsierende Großstadt mit beeindruckender Geschichte und einem starken europäischen Bezug. Gleichzeitig war sie, wie die gesamte Region, stark von den schweren Erdbeben im Februar 2023 betroffen. Besonders in den ländlichen Gebieten rund um die Stadt sind die Schäden nach wie vor deutlich sichtbar. Viele Dörfer kämpfen noch immer mit dem Wiederaufbau, was bei Gesprächen mit Einwohnerinnen und Einwohnern spürbar wurde.
Das offizielle Programm begann mit einer Sitzung des Unterausschusses, bei der aktuelle Themen rund um die Bedeutung und Wirkung des Europapreises im Mittelpunkt standen. Anschließend fand die feierliche Einweihung der sogenannten „Europäischen Kunstwand“ statt – ein gemeinsames Kunstprojekt, das als Symbol für Zusammenhalt und europäische Verbundenheit dient. Die Hauptveranstaltung folgte im Staatstheater Şehitkamil, wo die Preisverleihung von zahlreichen Gästen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft begleitet wurde.
Zu den Rednerinnen und Rednern zählten unter anderem Fatma Şahin, Bürgermeisterin von Gaziantep, Miloš Konatar aus Montenegro, Vorsitzender des PVER-Unterausschusses für den Europapreis, sowie Fuat Oktay, ehemaliger türkischer Vizepräsident und Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten der Großen Nationalversammlung der Türkei. Mehrere Ansprachen betonten die Bedeutung europäischer Werte, des interkulturellen Dialogs und des Wiederaufbaus nach der Katastrophe.
Kritisch fiel mir dabei auf, dass an den offiziellen Terminen ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter der Regierungspartei AKP teilnahmen. Mitglieder der CHP bzw. der Opposition allgemein waren nicht eingeladen oder anwesend, was einen offenen Austausch über die schwierige politische Lage, die Einschränkungen demokratischer Freiheiten und die Masseninhaftierungen im Land unmöglich machte. Abseits des offiziellen Programms ergaben sich jedoch einige kurze, aber interessante Gespräche mit Personen aus der lokalen Zivilgesellschaft, die von großem Engagement und Mut geprägt waren.
Neben mir war lediglich ein weiterer Abgeordneter aus dem Deutschen Bundestag – ein Mitglied der AfD – Teil der Delegation. Umso wichtiger war es mir, durch meine Teilnahme die Präsenz des Deutschen Bundestages innerhalb der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sichtbar zu halten und eine angemessene deutsche Repräsentanz zu gewährleisten. Die Reise hinterlässt bei mir gemischte Eindrücke: Die Gastfreundschaft und das Engagement der Stadt Gaziantep waren beeindruckend, doch zugleich blieb der politische Rahmen spürbar einseitig. Dennoch bot der Aufenthalt wertvolle Einblicke in die Herausforderungen und Chancen, die sich in der Zusammenarbeit zwischen europäischen Institutionen und türkischen Kommunen zeigen.



