Rede zum Hiroshimatag in Büchel

Am Samstag, 6. August habe ich anlässlich des Hiroshimatags am Fliegerhorst in Büchel eine Rede zur atomaren Abrüstung gehalten und bin auch auf die aktuelle Debatte rund um Atomenergie eingegangen:

Liebe Friedensbewegte, liebe Freundinnen und Freunde,

es gibt wahrlich leichtere Zeiten, um über Frieden und Abrüstung zu sprechen. Zugleich war es nie so wichtig wie heute. Die aktuelle weltpolitische Lage zeigt leider: Das Risiko einer nuklearen Eskalation ist keinesfalls gebannt. Und in Rheinland-Pfalz sind wir durch die Atomwaffen hier in Büchel besonders von dieser Gefahr betroffen. Im Jahresbericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) können wir einen besorgniserregenden Trend zur nuklearen Aufrüstung beobachten. Dass laut Bericht alle neun nuklearen Staaten im letzten Jahr auf Modernisierung und Aufrüstung gesetzt haben, ist ein alarmierendes Zeichen.

Noch dramatischer sind die verschärfte Rhetorik und die wiederholten Androhungen eines Einsatzes von Atomwaffen, die wir seit Russlands Angriff auf die Ukraine hören. Diese Drohungen bereiten mir große Sorgen. Aber sie bestärken mich auch im Ziel einer atomwaffenfreien Welt. Die internationale Gemeinschaft muss der eskalierenden Rhetorik Russlands entschieden entgegentreten und darf sich nicht zum Säbelrasseln verleiten lassen. Abschreckung ist kein Allheilmittel für ein geopolitisches Gleichgewicht. Nukleare Eskalation darf nicht zum Teil der schon jetzt opferreichen Zeitenwende werden.

Deutschlands Teilnahme als Beobachterin bei der ersten Vertragsstaatenkonferenz des Atomwaffenverbotsvertrags (AVV) in Wien im Juni war ein wichtiges Zeichen. Was zuvor unter der GroKo undenkbar war, ist mit der Ampel nun möglich. Diese Woche war die deutsche Außenministerin – als eine der wenigen hochrangigen Staatsvertreterinnen – zu Gast in New York bei der Überprüfungskonferenz zum Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag (NVV), um vor den Vereinten Nationen für nukleare Abrüstung zu werben. Das alles sind nur kleine Schritte, aber sie sind wichtig.

Nukleare Waffen sind vor allem ein Zeichen des Machtspiels zwischen Staaten. Die humanitären Folgen eines nuklearen Angriffs sind bis weit in die Zukunft katastrophal. Daran erinnert die heutige Mahnwache. Denn heute, am 6. August 2022, jährt sich zum siebenundsiebzigsten Mal der Abwurf einer Atombombe auf Hiroshima. Eine solche Katastrophe darf sich nie, nie wiederholen. Aber auch schon die Androhung eines nuklearen Angriffs macht das Leben von Menschen weltweit unberechenbarer und unsicherer. Unserer Außenpolitik muss immer das Ziel der menschlichen Sicherheit zu Grunde liegen und sie muss sich deshalb für eine atomwaffenfreie Welt einsetzen.

Sicherheit ist mehr als nur Militär und Verteidigung. Sicherheit bedeutet auch, in zivile Krisenprävention, in humanitäre Hilfe und in Entwicklungszusammenarbeit zu investieren. Diese Ausgaben haben ihre Legitimation schon alleine durch den Zweck der Wahrung der Menschenrechte. Sie tragen zu individueller, menschlicher Sicherheit und dadurch eben auch zu globaler Sicherheit und Stabilität bei. Wir GRÜNE arbeiten weiter darauf hin, dass die Atomwaffen aus Rheinland-Pfalz abgezogen und vernichtet werden. Unser Ziel bleibt die weltweite Ächtung von Atomwaffen. Dialog, Rüstungskontrolle und Abrüstung sind und bleiben der Weg hin zu einer atomwaffenfreien Welt.

Ein weiteres Thema, das mir große Sorge bereitet, ist die fortlaufende Debatte um Atomkraftwerke in Deutschland. Ja, wir befinden uns in einer Energiekrise. Putin nutzt unsere massive Abhängigkeit von russischen Importen gnadenlos aus. Die Verknappung der Gastransporte treibt die Preise, führt zu einer fossilen Inflation, die wir alle spüren. Aber wer in der Hochrisikotechnologie Atomkraft die Lösung sieht, der irrt sich. Laut neuer Studien kann Atomkraft weniger als ein Prozent der Stromerzeugung aus Gaskraftwerken ersetzen. Der Ausstieg aus der Atomenergie war und ist gesellschaftlicher Konsens. Er wurde über Jahre technisch und rechtlich vorbereitet. Eine umfangreiche Sicherheitsprüfung der drei verbleibenden AKWs wurde zuletzt im Jahr 2009 durchgeführt. Und noch immer gibt es keine Lösung für die Endlagerung des Atommülls. Die Zukunft ist weder fossil noch atomar, die Zukunft ist sicher und erneuerbar!

Es liegt an uns allen, der Politik wie der Zivilgesellschaft, gemeinsam Druck zu machen und auf die massiven Gefahren und Risiken einer atomaren Katastrophe hinzuweisen. Auch wir GRÜNE Rheinland-Pfalz setzen uns innerparteilich für weitere Bestrebungen zur Abrüstung ein – glauben Sie mir, wir werden nicht ruhen und weiter Druck machen. Ich möchte mich zum Abschluss bei der Friedensgruppe Daun bedanken. Danke, dass Sie zum 5. Mal diese Mahnwache organisieren, um an die große Leid und die schlimmen Folgen des Atombombenabwurfs auf Hiroshima zu erinnern und zu mahnen. Aber auch vielen Dank an Sie und Euch alle, dass Sie und Ihr nach Büchel gekommen seid, um ein Zeichen zu setzen.